Vom Schienenstrang
zum Handlungsstrang
Was tun, wenn man eine spannende Idee für ein Buch hat, aber praktisch keine Gelegenheit, sie zu Papier zu bringen? Man muss irgendwo im Tagesablauf ungenutzte Zeitfenster für das Projekt finden. In meinem Fall waren das die täglichen Bahnfahrten zur Arbeit. Über zehn Jahre lang war ich – wie viele Berufspendler – ziemlich genervt von den vielen Stunden, die ich unterwegs verbrachte. Doch plötzlich erkannte ich das große Zeitpotenzial, das mir hier zur Verfügung stand. Und diese Erkenntnis war es dann auch, die schließlich den Weg zu meinem ersten Krimiroman „Tief in der Nordsee“ ebnete.
Die Rechnung war einfach: Täglich verbringe ich morgens und abends jeweils mindestens eine halbe Stunde im Zug. Wenn ich es schaffen würde, an jedem Arbeitstag unterwegs eine Seite zu schreiben, wären das in einem Jahr rund 200 Seiten. Zwei Jahre, nachdem ich die ersten Zeilen in mein kleines Netbook – bis heute mein treuer Begleiter – getippt hatte, war der Rohtext fertig. Dabei hat sich ganz nebenbei auch meine persönliche Sicht auf das Pendeln verändert. Früher empfand ich es als Zeitdiebstahl, wenn ein Zug verspätet am Zielbahnhof ankam. Doch während ich schrieb, vergaß ich häufig alles um mich herum. War ich wieder mal völlig in einen Handlungsstrang vertieft, kam es sogar vor, dass ich es bedauerte, wenn ich meinen Rechner zuklappen und aussteigen musste. So verwandelte sich gestohlene in gewonnene Zeit.